Laut Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP soll mittels sogenannter „Experimentierräume“ befristet mehr Gestaltungsspielraum für flexiblere Arbeitszeitgestaltungen auf tariflicher Grundlage geschaffen werden. Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßt Bestrebungen zur Flexibilisierung von Arbeit und Arbeitszeit grundsätzlich.
Mit einer reinen Tariföffnungsklausel ist den Arbeitgebern im Handel nach Auffassung des HDE allerdings nicht geholfen.
„Die Gewerkschaften werden dafür bei den Arbeitgebern einen enorm hohen Preis in Form von tarifpolitischen Zugeständnissen an anderer Stelle einfordern. In der Praxis läuft das dann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit komplett ins Leere“, betont Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales. Notwendig seien vielmehr entsprechende Ausnahmeregelungen direkt im Arbeitszeitgesetz, etwa beim Wechsel von der täglichen zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Dies sehe auch die EU-Arbeitszeitrichtlinie schon heute vor.
Ebenso wichtig ist aus Sicht des HDE aber auch eine Flexibilisierung der gesetzlichen Vorgaben zur ununterbrochenen elfstündigen Ruhezeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit. Beschäftigte, die am Abend bis 22 Uhr noch eine kurze E-Mail schreiben, dürften formal am nächsten Morgen nicht vor 9 Uhr wieder die Arbeit aufnehmen. „Diese starren gesetzlichen Regeln passen offensichtlich nicht mehr in die heutige Zeit mit Smartphones und Videokonferenzen und finden auch bei den Beschäftigten kaum noch Akzeptanz“, so Haarke weiter. Der nationale Gesetzgeber habe hierzu seine Gestaltungsmöglichkeiten aus dem EU-Recht ebenfalls noch längst nicht voll ausgeschöpft. Erforderlich sei neben einer Verkürzung der Ruhezeit vor allem auch die Möglichkeit, diese in zwei Blöcke aufzuteilen. „Die Pandemie hat das Verständnis von mobiler Arbeit in der Gesellschaft insgesamt positiv verändert. Eine neue Bundesregierung sollte den Ball hier jetzt aufnehmen“, so Haarke.