Der Einzelhandel in OWL stabilisiert sich

Nach fast 20 Monaten Corona-Pandemie und vielen Monaten im Lockdown werden immer noch über 85 Prozent der Einzelhandelsumsätze im stationären Handel erzielt. Damit stabilisiert sich die Situation der Händlerschaft – auch in unserer Region. Das war die gute Nachricht gleich zu Beginn der jährlichen Delegiertenversammlung in der neuen Stadthalle von Rheda-Wiedenbrück. Dort traf sich das gewählte Einzelhandels-Parlament – bestehend aus den rund 90 Orts- und Fachvorständen der Region OWL – und diskutierte zunächst über Internes und über alles was die Branche betrifft. Begrüßt wurden die Delegierten im internen Teil durch Marcus Stratmann – Vorsitzender des Ortsvorstandes Rheda-Wiedenbrück. Deutlich mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Delegierten waren anwesend bzw. haben das Stimmrecht auf einen Vertreter übertragen. Die Einzelhändler in OWL stehen dabei für fast 11 Milliarden € Einzelhandelsumsatz pro Jahr.

„Der Handel ist und bleibt damit die Leitfunktion unserer Innenstädte“, so der Vorsitzende Prof. Dr. Johannes Beverungen, in seiner Rede vor weiteren 75 Gästen im öffentlichen Teil der Veranstaltung. Trotzdem: Der stationäre Einzelhandel hat wirklich gelitten und musste zusehen, wie Online-Riesen auch auf die Kunden zugreifen konnten, die eigentlich vor Ort kaufen wollen. Strukturverändernd kann man dieses nennen und gerade die Innenstadtlagen wurden besonders hart getroffen von den Auswirkungen der Corona-Krise. Der Handel muss noch viel stärker in den Fokus der Politik gerückt werden, denn die Zahlen und Fakten zeigen die ganze Problematik:

Allein in 2020 hat der Innenstadthandel durch den Lockdown in Ostwestfalen-Lippe rund 850 Mio. € an Umsatz verloren. Auch wenn es seit einigen Monaten wieder bergauf geht und die Talsohle durchschritten wurde, brauchen wir für den Handel eine nachhaltige Investitionsoffensive. „In Folge der Pandemie ist der Investitionsbedarf vor Ort in unseren Stadtkernen groß, doch Händlerinnen und Händler sind nach den langen Lockdowns wirtschaftlich ausgezehrt. Sie sind in erster Linie froh, überlebt zu haben und freuen sich wieder ihre Kunden zu bedienen und zu beraten. Aber sie brauchen aufgrund der strukturellen Veränderungen auch Unterstützung von der Politik“, so der Vorsitzende Prof. Beverungen weiter.

Foto – Personen v.l.: Thomas Kunz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e.V.; Theo Mettenborg, Bürgermeister der Stadt Rheda-Wiedenbrück; Prof.-Dr. Johannes Beverungen; Vorsitzender des Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e.V.; Markus Stratmann, Mitglied des Ortsvorstandes des Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e.V. in Rheda-Wiedenbrück; Thorsten Schmolke, Stellvertretender Landrat des Kreises Gütersloh

Investitionen in die zentralen Versorgungsbereiche unserer Innenstädte sind dabei ein wichtiger Schritt um die Attraktivität unserer Städte zu erhalten. Und was haben wir für wunderschöne Innenstädte in OWL. Dieses „Pfund“ muss gehegt und gepflegt werden. Revitalisierung steht aber trotzdem ganz oben auf unserer To-Do-Liste: Es geht um zukunftsfähige Innenstädte und auch um weitere städtebauliche Maßnahmen. Hier muss die künftige Bundesregierung Maßnahmen einleiten, aber die Gestaltung von zukunftsfesten Innenstädten, Ortskernen und Stadtteilzentren ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Alle Stadtakteure müssen koordiniert eingebunden werden. In einigen Städten unserer Region passiert das schon, aber vielerorts leider noch zu wenig.

Ein weiteres Thema der letzten Tage sind immer wieder Meldungen von Lieferschwierigkeiten bis hin zu leeren Regalen im Weihnachtsgeschäft. Wir können da aus Handelssicht teilweise Entwarnung geben. Viele unserer Händler im Handelsverband OWL haben strategische Engpässe gesehen und vorgesorgt. Natürlich wird es trotzdem immer wieder zu Engpässen im Handel kommen, aber es ist eine der ureigensten Aufgaben eines Händlers für seine Kunden dann ein Ersatzprodukt zu finden. Hier muss für den Kunden der passende Ersatz herausgefunden werden, indem genau erfragt wird, was der Kunde sucht und für was das Produkt genau benötigt wird. Die Algorithmen im Internet können niemals ein Kundengespräch und eine konkrete Bedarfsanalyse ersetzen. Das ist die große Stärke und hier wird der stationäre Handel mehr denn je ansetzen.

Ein ebenfalls großes Hemmnis ist die nach wie vor die schwierige Lage bei den Sonntagsöffnungen. Ganz außer Zweifel sind diese wenigen verkaufsoffenen Sonntage bei vielen Kunden sehr beliebt. Gleichfalls ist die Personalplanung durch Zuschläge oder Freizeitausgleich kein Problem bzw. nach vielen Wochen und Monaten der Kurzarbeit sogar besonders stark durch die Mitarbeiter nachgefragt. Umso unverständlicher das sich eine bestimmte Gewerkschaft derart gegen den erklärten Willen Ihrer eigenen Mitglieder stellt. Dies ist nicht rational zu verstehen und kontraproduktiv. Gerade am vorletzten Sonntag in Paderborn zu Klein-Libori hat sich gezeigt, wie die Menschen abstimmen…

Nach den schwierigen Monaten im Lockdown und den vielen weiteren Einschränkungen durch die Pandemie, geht es der Arbeitgeberseite bei den wenigen Sonderöffnungen um den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Natürlich möchte man auch in Verbindung mit einer interessanten Veranstaltung seine eigene Leistungsfähigkeit einem breiten Kundenspektrum beweisen und bestenfalls ein paar Neukunden für sich bzw. den Standort zurückgewinnen. Zum Leidwesen aller sind aber der Genehmigungsaufwand und die rechtlichen Hürden enorm. Hier muss noch einmal nachgebessert werden. Das wäre ein gutes Ergebnis für den Handel – auch in OWL.

Unser herzlicher Dank gilt unseren Sponsoren, die uns tatkräftig und finanziell unterstützt haben und ohne die, eine Veranstaltung in dieser Form nicht möglich gewesen wäre: SIGNAL IDUNA, die Stadt Rheda-Wiedenbrück und die Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG!